„Was würden Sie den Kids von heute sagen?“
„Ich würde ihnen erst mal zuhören!“ Marilyn Manson (US- amerikanischer Rockmusiker)
„….für mich gibt es nichts Aufregenderes als mit den Jungen von heute zu arbeiten…………..“ Christian Streich(Bundesliga- Trainer, SC Freiburg)
Gleich am Donnerstag nach den Osterferien war endlich der Abschluss-Termin der Bogenbau- AG. Von Mitte Oktober bis zu den Fasnachtsferien wurde immer donnerstags von 13Uhr30- 16Uhr30 in 2 Gruppen jeweils an Bogen und Pfeilen gearbeitet. D.h. aus einem speziell ausgesuchtem Stück Holz, dem sogenannten Bogenstab, wurden mit Beil und Ziehmesser auf traditionelle Art erst die Bogen hergestellt. Immer genau entlang dem Wachstum des Bogenstabes wird so viel Holz weg genommen, bis sich der Stab gleichmässig biegen lässt, so daß er auch nicht zu stark oder zu schwach ist. Der maximale Auszug hängt natürlich vom Alter bzw. Körpergrösse des Schützens ab, Erwachsene ziehen durchschnittlich um die 70cm weit, Schüler der 5. – 8. Klasse zwischen 55cm und 60cm. Ganz schön viel, wenn in so einem Bogen gute 8 Nachmittage Arbeit stecken, wird zu weit oder gar falsch herum gezogen, kann das ganze Werk zerbrechen.
Die Bogenbau- AG fängt immer Anfang Oktober im neuen Schuljahr an, so werden wir zu Ende des ersten Schuljahr- Halbjahrs fertig, dann liegt meistens Schnee oder es regnet, kalt ist es auf jeden Fall, zu kalt um draussen Bogen zu schiessen. Die alten Völker haben in der“nassen Zeit“ nicht gejagt und keine Kriege geführt. So findet der letzte Termin zum Einschiessen von Pfeil und Bogen immer am Donnerstag vor oder nach den Osterferien statt, dann nehmen die Schülerinnen ihre Werke mit nach Hause. So ein “ Schüler- Bogen“ kann einen Pfeil 60m-100m weit schiessen oder ein 2cm dickes Brett durchschlagen, da gibt es ganz klare Regeln dazu mit nach Hause. Ein Unfall ist noch nie passiert, ich denke die Schüler wissen ziemlich genau, was sie da gebaut haben, die möglichen Gefahren sind ihnen klar.
Bis zum Einschießtermin, muss zunächst, einerseits harte Arbeit mit Beil und Ziehmesser am Bogenrohling, andererseits ist Feinarbeit beim Ausbalancieren des Bogens, beim Drehen der Sehne aus Flachsfasern und beim Herstellen der Pfeile gefragt. Vom Beginn im Oktober bis zum Ende des ersten Schulhalbjahrs sind das 10 Nachmittage die wirklich viel Konzentration, Kraft und Geduld erfordern: immer wieder muss da noch ein klein wenig am Bogenholz abgearbeitet werden, ja nicht zu viel, da sitzt die Feder am Pfeil noch ein wenig zu weit links, der Knoten an der Sehne muss noch mal neu gesetzt werde

So, auf dem Bild ist fast alles zu sehen, was es zum traditionellen Bogenbauen braucht: Bogenrohling, Schnitzbeil, Ziehmesser, Flachsfasergarn, Pfeilschäfte, Federn, Tiersehnen, fast fertige Bogen und Pfeile sind auch dabei.

Alle 23 Bogen neben dem Bogentest- oder Tillerstab an der Wand vor meiner Werkstatt, alle haben bestanden

Die Fertigkeiten der Schüler sind unterschiedlich entwickelt, in der AG arbeiten Schüler der 5. bis zur 8. Klasse, ein paar besonders gelungene Bogen sind hier auf der rechten Seite des Bildes zu sehen.

So sieht ein entspannter Bogen auf dem Tillerstab aus, das Design ergibt sich aus der gewachsenen vorgegebenen Form des Bogenstabes, hier ein sogenannter Eskimo- oder Inuitbogen.
Die erste AG habe ich im Jahr 2004, auf Vermittlung einen Schülermutter aus dem Förderverein anbieten können, zunächst war die AG auf 12 Teilnehmer angesetzt worden, von dieser ersten Bogenbau- AG bis heute waren es immer 20 und mehr Schüler, die das Bogenbauen erlernen wollten. Anfänglich im Jahre 1995 habe ich Bogenbauen in der Erwachsenenbildung angeboten, Volkshochschulen, Museen etc., natürlich auch Seminare bei mir in der Werkstatt, das Bayrische Fernsehen und das ZDF haben über meine Arbeit schon berichtet, verschiedene Zeitschriften und Tageszeitungen ebenso, viele interessante Menschen und spätere Freunde habe ich da kennengelernt, inzwischen macht mir das Bogenbauen mit den „Kids“ von heute am meisten Spass und Freude. Das ist einfach ein tolles Gefühl, zu sehen, wie 20 Schüler trotz all der anderen Angebote und Veführungen unseres heutigen digitalen Zeitalters mit ihren eigenen Händen auf fast schon uralte Art einen Pfeilbogen bauen. Ich gehöre sicher nicht zu den Erwachsenen, die Kinder und Jugendliche nur als Dauerbenutzer von Handy, PC und anderen digitalen Werkzeugen sieht, die wollen mehr, das haben sie auch verdient und an uns Erwachsenen ist es aktiv zu werden und aufregende Angebote zu machen. Die „Kids“ sind unsere Zukunft.
So muss ich mich zum Abschluss bei all den „Kids“ bedanken, die durch ihre Teilnahme eine Bogenbau- AG möglich gemacht haben, bei ihren Eltern, die ihre Kinder da unterstützen, den Schulen und vor allem den Lehrern, die die Organisation einer solchen AG bewerkstelligen müssen, und beim Hausmeister und den Putzfrauen, die plötzlich mit Holzspänen nicht nur im Werkraum sondern auch im Treppenhaus konfrontiert waren. Und der ganz besondere Dank gilt den Alten, die ihr Wissen seit längst vergangenen Zeiten immer weiter gegeben haben, bis es schliesslich bei uns angekommen ist.
Fällt mir noch ein Schüler ein, der angesichts von ein paar Holzspänen auf dem Flur, zu seinem Kollegen sagte: “ Wahnsinn, jetzt bin ich schon 7 Jahre auf der Schule und sehe zum ersten Mal Holzspäne auf dem Boden, wie kommen die den hier hin?“